Gunter Böhmer und Hans Purrmann

"Ob du Prof. Purrmann schon einmal gesehen hast? Oder war er bei dir? Dir lag doch sehr daran, ihn kennen zu lernen" schrieb Ursula Bächler ihrem künftigen Mann Gunter Böhmer in einem Brief vom 13. September 1944.

Gesehen, sogar porträtiert hatte Gunter Böhmer den deutschen Maler Hans Purrmann (1880–1966) zwar bereits während seiner Studentenzeit in Berlin: "Er war zu einem Vortrag gekommen ... Dafür sass gerade er dann schliesslich unmittelbar vor mir, und ich konnte seine Kehrseite eingehend studieren und meinem Skizzenbuch ... einverleiben: den schön gewölbten Schädel, die damals noch schwarzhaarige Glatzenumrahmung, die Nackenfalten und leicht abstehenden Ohren. ... Er ... stand nach dem Schlussapplaus als erster auf, warf sofort einen Blick auf meine natürlich nicht fertig gewordene Zeichnung und sah mir daraufhin kurz, aber ruhig und ernst in die Augen – das erste Mal, dem ungeahnt tausend weitere Male folgen sollten." (zit. nach Böhmer in Purrmanniana, 2000, S. 17). Diese vielen weiteren Male nahmen ihren Anfang jedoch erst rund 14 Jahre später, als Purrmann – 1935 als "entarteter" Künstler aus Deutschland geflohen und einige Jahre ehrenamtlicher Leiter der Villa Romana in Florenz – sich 1944 in Montagnola niederliess und schon bald in der Casa Camuzzi, gleich unterhalb der Wohnung Böhmers, ein Stockwerk bezog.

Viele Gespräche über Kunst und Künstler im Allgemeinen, besonders aber der Austausch über das künstlerische Schaffen des anderen sowie das eigene prägten die häufigen Atelierbesuche und die sich zwischen "wechselseitiger Zuneigung wie Zurückhaltung" bewegende Freundschaft der aus zwei verschiedenen Generationen stammenden Künstler. Manche seiner Begegnungen und Erlebnisse mit Purrmann schrieb und skizzierte Böhmer zwischen 1957 und 1961 in ein Notizbuch, und 1980 – anlässlich des 100. Geburtstags Purrmanns ­– reflektierte Böhmer über diesen "vom Heute ins Damals zurückblickend" und schloss: "Das Glück einer Freundschaft aber, das herzliche Geschenk eines gütigen Freundes – ich erlebte es – besteht darin, auch Trübungen und Dunkelheiten in Stufen zu verwandeln, die hinaufführen zu Überwindungen und befreiten Helligkeiten. Auch von diesem Licht erfüllt ist Purrmanns Werk" (zit. nach Böhmer in Purrmanniana, 2000, S. 35).

 
Gunter Böhmer über Hans Purrmann:

Böhmer, Gunter, "Purrmanniana", in: Hans Purrmann. Zum 100. Geburtstag. Katalog zur Ausstellung im Museum Langenargen in Langenargen am Bodensee, 1980, hrsg. von Eduard Hindelang, Friedrichshafen: Gessler, 1980, S. 149–168.
Zugleich als Separatdruck.
Zugleich in: Purrmanniana. Das Tagebuch von Gunter Böhmer [Notizen 1957 bis 1961]. Katalog zur Ausstellung im Museum Langenargen am Bodensee, 2000, hrsg. von Eduard Hindelang, Stuttgart: Thorbecke, 2000, S. 9–35.

Purrmanniana. Das Tagebuch von Gunter Böhmer [Notizen 1957 bis 1961]. Katalog zur Ausstellung im Museum Langenargen am Bodensee, 2000, hrsg. von Eduard Hindelang, Stuttgart: Thorbecke, 2000.



Zu Leben und Werk von Hans Purrmann (Auswahl):

Hans Purrmann. Zum 100. Geburtstag. Katalog zur Ausstellung im Museum Langenargen in Langenargen am Bodensee, 1980, hrsg. von Eduard Hindelang, Friedrichshafen: Gessler, 1980.

Lenz, Christian; Billeter, Felix, Hans Purrmann. Die Gemälde I, 1895–1934; Die Gemälde II, 1935–1966. Werkverzeichnis, 2 Bde., München: Hirmer, 2004.


Link:

www.sikart.ch
www.hanspurrmann.de
www.purrmann.org